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Mandanteninformation / Februar 2024

Auf Wiedersehen „Plausibilität“ eines technischen Effekts?

In der Vorlagesache G2/21 hat die Große Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts (EPA) im vergangenen Jahr neue – allerdings noch abstrakte – Voraussetzungen aufgestellt, um sich auf technische Effekte nachveröffentlichter Versuchsergebnisse bei der Diskussion zur erfinderischen Tätigkeit berufen zu können. In diesem Zusammenhang wendet sich die Große Beschwerdekammer explizit vom zuvor oft verwendeten Begriff der „Plausibilität“ ab. Die neuen Voraussetzungen erfordern nun, dass der technische Effekt (i) von der technischen Lehre umfasst sein UND (ii) durch dieselbe ursprüngliche Erfindung verkörpert werden muss. 

Die Beschwerdebegründung der im Vorlagefall (T 116/18) zuständigen Beschwerdekammer gibt nun einen ersten Einblick in die praktische Umsetzung. Demnach ist es unerheblich, ob der technische Effekt explizit in den Anmeldeunterlagen erwähnt wurde oder ein spezifisches Beispiel enthalten ist. Entscheidend ist, dass ein Fachmann den technischen Effekt für den beanspruchten Gegenstand als zwangsläufig relevant erachtet. Zudem darf er – basierend auf seinem relevanten Fachwissen und den ursprünglichen Anmeldeunterlagen – keinen ernsthaften Zweifel daran haben, dass die gezeigte technische Wirkung mit dem beanspruchten Gegenstand erreicht werden kann.

Dieses Verständnis kommt den Grundgedanken eines zuvor als „plausibel“ bezeichneten technischen Effektes sehr nahe. Aus Sicht eines Patentanmelders bzw. -inhabers lässt diese Entscheidung darauf hoffen, dass das EPA auch weiterhin ein ausgewogenes Maß finden wird zwischen den Mindestanforderungen an die Beschreibung der Erfindung und ihrer technischen Effekte einerseits und dem im Vorfeld einer Patentanmeldung zu betreibendem Aufwand hinsichtlich vorzulegender Versuchsergebnisse andererseits. Aus Sicht eines Einsprechenden wird sich der Aufwand erhöhen, geeignete Beweise zu finden, die in ausreichendem Maß belegen, dass der technische Effekt nicht zwangsläufig relevant ist für den beanspruchten Gegenstand oder ernsthafte Zweifel daran bestehen, dass die gezeigte technische Wirkung mit dem beanspruchten Gegenstand auch erreicht wird.

Fragen?

Bei Fragen hierzu wenden Sie sich gerne an Thomas Heydenreich.